Kaiserpanorama

Der hölzerne Guckkasten von August Fuhrmann

Das Bedürfnis nach neuen Eindrücken kam August Fuhrmann zugute. Mit der Idee, ein Netz von Filialen über das Land zu spannen und mit wöchentlich wechselnden Serien zu bestücken, wurde das “Reisen” im Panorama zur selbstverständlichen Gewohnheit. Möglicherweise angeregt von einem Besuch in Polaneckys Stereosalon, konstruierte Fuhrmann den hölzernen Guckkasten Kaiserpanorama, dessen Erscheinung und Funktionsweise auf der seit den sechziger Jahren bekannten optischen Apparatur aus Frankreich beruhte. “Das Panorama ist ein eleganter, repräsentativer Rundbau mit Nussbaum-Furnierung, von 3m 75 cm Durchmesser: Es ruht auf sechs Füßen und misst vom Fußboden bis zur oberen Kante des geschnitzten Kopfstückes 2m 40 cm. Die Armlehnen haben einen praktischen, dunkelbraunen, soliden Lederbezug; die untere Stoffgardine ist extra feuersicher imprägniert,” schreibt Fuhrmann.

Wie bei Polanecky fanden 25 Personen um den Holzkasten Platz, der in einem Durchlauf 50 stereoskopische Glasbilder zur Ansicht bot. Im Unterschied zum Pionier des Kaiserpanoramas konzentrierte sich Fuhrmann auf die Präsentation kolorierter Dias, für die er einer eigene Methode entwickelte, “die indirekt durchschimmernde Polychromierung unter Mitwirkung abgestimmter Farbblenden.” Dabei wurde das Mattglas an der Rückseite der Bilder mit wenigen Lasierenden, grob erscheinenden Pinselstrichen bemalt; durch die Optik betrachtet, verschmolzen Motiv und Farbe zu einem natürlichen Wahrnehmungseindruck. Mit der Idee, im Zeitalter der schwarzweißen technischen Bilder ausschließlich farbige Ansichten Revue passieren zu lassen, wurde die Polychromie zum unverwechselbaren Markenzeichen des Mediums.

Ein Netz von Filialen

Nach den Erfolgen der ersten, um 1880 veranstalteten Vorführungen in Breslau und Frankfurt am Main richtete August Fuhrmann 1883 in Berlin die Zentrale seines Panoramaunternehmens ein, von der aus die Gründungen weiterer Filialen koordiniert wurden. Die bald entstandene Konkurrenz, die Panoramabauanstalt der Gebrüder Franz und Jacob Kitz und Hermann Rentzsch in Dresden warben mit günstigeren Anschaffungskosten und diversen Modellgrößen.

Als erste Stadt der österreichisch-ungarischen Monarchie hatte Wien mit einer Filialen von Fuhrmanns Unternehmen aufgewartet. In den neunziger Jahren folgten die Städte Graz, Linz und Wiener Neustadt. Die eigentliche “Gründerzeit” datiert aber erst nach der Jahrhundertwende: 1900 Baden; 1901 Salzburg; 1902 Innsbruck, Klagenfurt, Mödling; 1903 Sankt Pölten, Krems, Villach, Steyr und Wels. Gegen 1910 fanden sich bereits in mehr als 250 Städten Filialen des Kaiserpanoramas und ein Bildvorrat von über 100.000 Glasstereoskopen (unter Einrechnung von Duplikaten) zirkulierte.

Die Versorgung der einzelnen Vorführstätten wurde mittels Ringleihe organisiert. Verpackt in eigene Transportkisten zu 25 Stück gingen die Reisebilder in wöchentlichen Intervallen nun selbst auf die Reise. Das Bildmaterial erwarb Fuhrmann zum überwiegenden Teil von professionellen internationalen Anbietern. Zu bestimmten Anlässen wurden eigene Reporter entsandt, oder Fuhrmann stand selbst hinter der Kamera. Den Reiz der kolorierten Glasstereoskopien wusste auch der noch junge Fremdenverkehr zu nutzen, als Anstoß für den Betrachter selbst zu reisen.


Als die Bilder laufen lernten

Die Erfindung der Kinematografie war es, die dem Kaiserpanorama als optisches Medium ernsthaft Konkurrenz machen und es allmählich ablösen sollte. Die Aufgabe, der breiten Masse der Bevölkerung Bilder der Welt zu liefern, wurde seit Beginn des 20. Jahrhunderts verstärkt vom Kinematografen übernommen, der schneller produziert und aktuellere Resultate lieferte als das behäbige Panoramaunternehmen. Die wirtschaftliche Situation des Panoramageschäfts verschlechterte sich zusehens und 1923 trennt sich August Fuhrmannn von seinem Lebenswerk , das Konsortium der Weltpanorama AG übernahm die Agenden. Für die österreichischen Filialbetriebe bedeuteten die Wirtschaftskrise der Dreißiger Jahre und das Aufkommen des Tonfilms meist das endgültige Aus. In Österreich überstanden die Filialen in Wels, Graz und Wien die kritische Phase. 1955 kam schließlich auch das Ende für die Wiener Institution, aufgrund von Bildmangel musste auch das Grazer Panorama den Betrieb einstellen.

Wie der Welser Anzeiger vom September 1897 berichtet, gastierte damals das “Welt-Kaiser-Panorama” als Wandereinrichtung in der Stadt am Marktplatz (Stadtplatz). Am 10. Oktober 1903 wurde das Kaiser-Panorama dann durch Otto Aigner aus St. Pölten als Filiale des August Fuhrmann, Berlin fest in Wels installiert. Erster Aufstellungsort war im 1. Stock des “Rehak-Hauses”, Schmidtgasse1/Stadtplatz 38. Bereits ein gutes Jahr später erwarb‚ Anna Schor das Panorama und bezog ein neues Geschäftslokal am Stadtplatz 10. Dort betrieb es in Folge Julius Weislein aus Linz bis das “optische Kunst-Institut für Weltreisen” 1912 auf die Untere Ringstraße 1 (heute Ringstraße 35) verlegt wurde.

Ende 1912 übernahm Frau Anna Schneeberger, verheiratete Maier, das Kaiser-Panorama und führte das Lokal bis Juni 1930. Frau Maria Tobis-Pötzelberger leitete den nunmehr als “Weltpanorama” bezeichneten stereoskopischen Salon bis zur Auflösung im Juli 1954. Ein Jahr später verkaufte sie es an das Stadtmuseum Wels. Nachdem es 1995 durch den Verein Medienmuseum, Wien restauriert worden war, wurde das Kaiser-Panorama von Oktober 1998 bis Jänner 1999 erstmals wieder in seiner Heimatstadt Wels präsentiert. (Für freundliche Auskünfte dankt die Verfasserin dem Stadtarchiv Wels, besonders Frau Elisabeth Erber)

Auch bei WIKIPEDIA ist ein Eintrag mit weiteren Informationen zu finden. Dieser Bericht ist dort mit dieser Seite verlinkt.

Eine größere Ansicht der Bilder und eine Diashow können Sie durch Anklicken der Bilder erwirken.

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